Neue Bestimmungen zum Ultraschallscreening in der Schwangerschaft am 1. Juli 2013 in Kraft getreten – Nicht verwechseln mit spezieller Fehlbildungsdiagnostik!

by admin ~ Juli 1st, 2013

Am 1. Juli 2013 sind nun endgültig die neuen Bestimmungen zum Ultraschallscreening in den Mutterschaftsrichtlinien in Kraft getreten. Inhaltlich sieht die jetzige Novelle für die Schwangere folgende Änderungen vor:

– Das Recht auf Nichtwissen bzw. Nichtdurchführung des Ultraschalls in der Schwangerschaft wird eingeführt (als abwählbares Angebot): Die bisherige Formulierung der Richtlinien, die besagt, dass ein Ultraschallscreening durchgeführt werden soll, wurde geändert in „soll angeboten werden“.
– Es wird – zusätzlich zu den bisherigen Basisinhalten des Ultraschallscreenings im zweiten Trimenon – die Option zur Durchführung einer erweiterten Basis-Ultraschalluntersuchung eröffnet. Die zu beurteilenden Strukturen werden im Einzelnen genannt. 

Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieser Änderung waren unter anderem:

– die Anpassung des Mutterpasses (vergl. Vortrag Prof. Chaoui Ultraschalltagung Erfurt 2012)
– die Erstellung eines "Merkblatt" genannten Aufklärungsblattes für die Schwangere durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) als Anlage 5 der Richtlinien
– die Novellierung der Ultraschallvereinbarung
– die Umsetzung der Online-Ultraschall-Fachwissensprüfung durch die KVen (entsprechend der geänderten Ultraschallvereinbarung)

Eine Vergütungsziffer gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ist bisher nicht festgesetzt worden. Hierzu schreibt die KV Hamburg ("Ultraschall in der Schwangerschaft"): 

"Bisher steht für diese Leistung keine GOP (Gebührenordnungsposition) zur Verfügung. Da die vorhandene GOP 01770 “Betreuung einer Schwangeren“ diese neue Leistung nicht abdeckt, empfiehlt die Kassenärztliche Bundesvereinigung folgendes Vorgehen: Wenn Sie die Leistungen des erweiterten Basisultraschalls / Screenings nach der neuen MuRL (Mutterschaftrichlinien) erbringen, rechnen Sie zunächst die GOP 01770 ab. Zudem erstellen Sie eine Privatrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) über den zusätzlichen Aufwand für das Screening aus. Die Patientin kann die Rechnung zur Kostenerstattung bei ihrem Leistungsträger einreichen."

Bitte beachten Sie: Die erweiterte Ultraschall-Basisuntersuchung darf nicht mit der gezielten Ultraschall-Fehlbildungsdiagnostik verwechselt werden!

– Die sog. erweiterte Basis-Ultraschalluntersuchung (Vergl. Beschlußfassung des G-BA vpm 21.3. 2013 zur Erstellung des Merkblattes des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) für die Schwangere) wird von niedergelassenen Frauenärzten als erweitertes Suchverfahren der ersten Linie in der normalen Schwangerenvorsorge angeboten. Neu ist hierbei, daß fetale Organsysteme strukturiert beurteilt werden und hierzu eine verbindliche Stellungnahme durch den Frauenarzt erfolgt.

– Dem gegenüber ist die spezielle fetale Fehlbildungsdiagnostik (auch "Organscreening", "Feinscreening", Feinultraschall", "Organultraschall", "hochauflösende Ultraschalldiagnostik" oder auch "sonographischer Fehlbildungsausschluss" genannt) ein gezieltes sonographisches Diagnoseverfahren, bei welchem mit einem hochauflösenden Ultraschallgerät eine systematische Analyse der fetalen Anatomie durchführt. Diese erfolgt durch einen in einem Ultraschallzentrum gezielt ausgebildeten Ultraschallspezialisten, welcher über eine umfangreiche Kenntnis in der Erfassung, differenzierten Zuordnung von fetalen Fehlbildungen besitzt und in der weiteren Betreuung von Schwangeren mit einem fehlgebildeten Kind entsprechend geschult und erfahren ist. Die Untersuchung erfolgt auf Überweisung durch den Frauenarzt, welcher die normale Schwangerenvorsorge durchführt, als gezielte Ausschlußdiagnostik bei erhöhtem Risiko für Fehlbildungen oder Erkrankungen des Fetus aufgrund von

a) ultraschalldiagnostischen Hinweisen
b) laborchemischen Befunden
c) genetisch bedingten oder familiär gehäuften Erkrankungen oder Fehlbildungen in der Familienanamnese
d) teratogenen Noxen

oder als Alternative zur invasiven pränatalen Diagnostik.

Typische Indikationen, welche eine Überweisung zum Spezialisten nach erweiterter Basis-Ultraschalluntersuchung auslösen können, sind:

– Risikogravidität (BMI) – eingeschränkte Visualisation
– schallkopfzugewandter Seitenventrikel nicht einsehbar
– Kleinhirn nicht einsehbar
– Beurteilung Kleinhirnwurm – 4. Ventrikel
– Magen flau darstellbar
– Kurzer Femur
– Fruchtwasser grenzwertig oder leicht vermindert/vermehrt
– dorsale Hautkontour oder Rücken nicht komplett einsehbar (z.B. sacrokokzygeal)
– Vierkammerblick bei dorsoant. Lage nicht beurteilbar
– kräftige Füllung Harnblase

Wie die Änderungen in der Laienpresse aufgenommen und bewertet werden, finden Sie hier:

– T-Online vom 28.6. 13: Baby-Ultraschall wird erweitert – aber Deutschland hinkt hintenher
 

Debattencheck NIPT – PraenaTest – Der neue Versuch einer strukturierten gesellschaftlichen Diskussion

by admin ~ Juni 16th, 2013

Die relativ neuartige Methode der "NIPT" genannten Bestimmung fetaler Erbeigenschaften aus mütterlichem Blut war zum Zeitpunkt der Markteinführung in Deutschland 2012 Gegenstand einer intensiv geführten gesellschaftlichen Diskussion. In der Folgezeit kam es im praktischen Umgang mit der Methode, wie auch in der journalistischen Berichterstattung zu einer allgemeinen Beruhigung. Jetzt rückt durch die Markteinführung von Konkurrenzprodukten zum PraenaTest die Thematik NIPT / NIPD / PraenaTest wieder mehr in den Fokus gesellschaftlicher Aufmerksamkeit.

Diese Diskussion versucht der Wissenschaftsjournalist und Autor Ralf Grötker (Vergl. Denic-Domainabfrage Whois) mit dem Internetauftritt www.debattenprofis.deFaktencheck PraenaTest 1, Faktencheck PraenaTest 1 – Fortsetzung und Faktenckeck PraenaTest 2 über die Methodik eines strukturierten Diskurses inhaltlich-sachlich zu fokussieren und damit abzukürzen (Vergl. Debattenprofis – Spielregeln).  Vom Prinzip her werden pro einzelnem Faktecheck je eine grundsätzliche Frage zum Umgang mit dem PraenaTest formuliert und über die strukturierte Diskussion einer Antwort zugeführt. Ein zentrales Instrument ist dabei, einmal formulierte Argumente in einem Entscheidungsbaum zu fixieren; hierdurch sollen in der Diskussion Redundanzen vermieden werden. 

Beim Faktencheck PraenaTest 1 wird die Frage bearbeitet, ob moralische Bedenken insbesondere hinsichtlich der Diskriminierung Behinderter die Forderung untermauern können, dass die Finanzierung des Praena-Tests nicht durch die öffentliche Hand erfolgen soll (konkret: durch die gesetzlichen Krankenkassen).

Beim Faktencheck PraenaTest 2 wird die Frage bearbeitet, ob es angesichts der Möglichkeiten, die sich mit dem Praena-Test eröffnen, nötig sein wird, neue Maßnahmen zum Schutz des ungeborenen Lebens zu treffen. Diese Forderung (nach einem „über die Pflichtberatung nach §218a Abs. 1“ hinausgehenden „Schutzkonzept“) wird dem Gesetzgeber vom Ethikrat in seiner jüngsten Stellungnahme ausdrücklich nahe gelegt.

Unabhängig von den hier hergeleiteten Ergebnissen ist aus pränatalmedizinisicher Sicht hierzu Folgendes anzumerken:

Diese versachlichende Vorgehensweise, an dieser Stelle eine klare, einfache Fragestellung zu formulieren und über einen auf weitgehend rational entwickelten Argumente getragenen Entscheidungsbaum so zu strukturieren, daß eine demokratischen Prinzipien folgende sachgetragene Mehrheitsmeinung in Art einer Beschlussfassung als logischer Endpunkt entwickelt wird, ist aus pränatalmedizinischer Sicht prinzipiell begrüßenswert. Sie strafft eine Diskussion und vermeidet die ansonsten häufig anzutreffenden schrillen Beitöne

Dennoch ist diese Methodik nicht gegen Mißverständnisse im Zusammenhang mit bestehenden gesellschaftlichen Regeln zur Pränatalmedizin gefeit. Fließen diese, als"Sach"- Fragen im Entscheidungsbaum formuliert, in den Gesamteinscheidungsprozess mit ein, erhält dieser eine verzerrende, u.U. fehlleitende Beeinflussung des Gesamtdiskurses und des angestrebten Endpunktes.

Ein Beispiel: Im Ergebnis-Report zum Faktencheck PraenaTest 1 wird als Methodik zur Bearbeitung der Frage der Diskriminierung formuliert:

" ……..Das Argument der direkten Diskriminierung lässt sich durch vier Prämissen (Thesen) stützen (die alle zugleich wahr sein müssen, damit die in Frage stehende Behauptung (Konklusion) auch wahr ist). Ein etwas förmliches Verfahren – aber hilfreich, um auseinanderzudividieren, was auf dem Spiel steht. Hier sind die vier Prämissen samt Konklusion: 

  1. Der Praena-Test dient vorrangig dem Ziel, die Geburt von Kindern mit einer bestimmten genetischen Anomalie (T21) zu verhindern
  2. Ungeborene Kinder mit einer bestimmten genetischen Anomalie gehören zu der Gruppe „Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen“
  3. Alle Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen haben das Recht auf umfassenden Schutz gegen Diskriminierung.
  4. Ein Test, der vorrangig dem Ziel dient, die Geburt von Kindern mit einer bestimmten genetischen Anomalie zu verhindern, diskriminiert ungeborene Kinder mit einer bestimmten genetischen Anomalie Konklusion: Der Praena-Test verletzt das Recht von Kindern mit einer bestimmten genetischen Anomalie auf umfassenden Schutz gegen Diskriminierung. ……"

Diese Prämissen kann man so nicht formulieren: 

– Die Deutungshoheit eines pathologischen pränatalmedizinischen Ergebnisses liegt in der schlußfolgendenden Konsequenz ausschließlich bei der hiervon betroffenen Schwangeren selbst. Insoweit kann weder ein Testanbieter noch ein diagnosvermittelnder Arzt hier die Verhinderung der von Kindern mit einer bestimmten genetischen Anomalie (T21) als Ziel verfolgen. Dieser Prämisse liegt das häufig anzutreffende Fehlkonzept zugrunde, daß die Schwangere – entgegen der geltenden Gesetzeslage (§218 a(2)) und entgegen den Prinzipien des mündigen Patienten, der informierte Entscheidungen trifft – durch dritte Kräfte zur Entscheidung eines Abbruches gedrängt oder genötigt würden.

– Die Rechtsstellung des Feten und die des geborenen Menschen sind durchaus unterschiedlich: Der Fetus ist im deutschen Rechtssystem mit den in Artikel 1 bis 19 Grundgesetz kodifizierten Grundrechten versehen, allerdings zwischen Implantation und Geburt kein rechtsfähiges Subjekt (§1 BGB) (Vergl. Artikel Alexander Scharf: Zur Rechtsstellung des Feten im deutschen Gesundheitsystem). Insofern lassen sich die nachgeburtlichen Konzepte einer Diskriminierung nicht 1:1 auf die vorgeburtliche Situation übertragen.

 

Über die Sinnhaftigkeit des Präeklampsie-Screenings vor und nach der 16. SSW

by admin ~ Juni 6th, 2013

Die Präeklampsie (PE) betrifft 2 bis 8 % aller Schwangerschaften und ist einer der Hauptgründe für maternale bzw. perinatale und Morbidität bzw. Mortalität. Definiert ist die Präeklampsie bekanntermassen als Bluthochdruck und Proteinurie bei Schwangeren jenseits der 20. SSW, welche ehedem normoton und renal kompetent waren. Man spricht von einer schweren Präeklampsie wenn diese Befundkombination assoziiert ist mit Leberschädigung, Thrombozytopenie, fetaler Wachstumrestriktion und klinischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen und Schmerzen im rechten Oberbauch. Es gibt mittlerweile eine zunehmende Evidenz dafür, daß die milde und schwere Form der Präeklampsie sich aus zwei unterschiedlichen pathophysiologischen Prozessen heraus entwickeln. Eine weitere klinische Einteilung betrifft den Erkrankungsbeginn: Liegt dieser vor der 34+0 SSW, spricht man von einer frühen PE ("early onset pre-eclampsia"), tritt die Erkrankung nach der 34+0 SSW oder nahe am Termin auf, bezeichnet man sie als späte PE ("late onset pre-eclampsia"). Eine frühe PE ist häufig von einer schweren Verlaufsform gekennzeichnet; die späte PE weist häufig eine milde Symptomausprägung auf.

Aufgrund seiner epidemiologischen und klinischen Bedeutung waren strukturierte Konzepte der Erfassung von Schwangeren mit einem definierten Präeklampsierisiko bereits in den 1990er Jahren Thema intensiver Forschung. Lange Zeit wurde versucht, über sonographische Zweittimester-Screeningstrategien (Dopplersonographie der Aa. uterinae 20.-24. SSW) hier ein praktikables Testverfahren zu entwickeln: Diese Konzepte konnten sich im Endeffekt nicht etablieren, da sie die Gütekriterien zur Anwendung als Screeningverfahren (Sensitivität > 80%, besser > 90%, Spezifität > 90%, besser > 95%) nicht erfüllen konnten. In den letzten Jahren ist es nun gelungen, sowohl im zweiten wie im ersten Trimester biochemische Parameter zu identfizieren, welche diese Kriterien in Kombination mit anderen Faktoren erfüllen.

Die besten publizierten Testleistungszahlen (Sensitivität 96%, 10% Falsch-Positiv-Rate = 90% Spezifität) zeigt dabei das Konzept des Präeklampsie-Ersttrimesterscreenings nach dem Prinzip der Arbeitsgruppe um Prof. Nicolaides: Hier werden der mütterl. Blutdruck (beidseits gemessen), das Perfusionsmuster beider Aa. uterinae, Papp-A und PlGF zueinander nach dem bekannten Prinzip des sequentiellen Screenings über die Bildung von Wahrscheinlichkeitsfaktoren (Likelihood Ratios, Wahrscheinlichkeitsquotienten) zueinander in Bezug gesetzt und für die frühe wie späte PE gegen einen definierten Cut off (von 1:20) beurteilt.

Lange Zeit galt ein Haupteinwand gegen ein derartiges Vorgehen, daß es keine gesicherten Konzepte einer prophylaktischen Behandlung zur Prävention eines derartigen Ereignisses gab. Hier konnten die Untersuchungen von Bujold (Vergl. Roberge et al: Early Administration of Low-Dose Aspirin for the Prevention of Severe and Mild Preeclampsia: A Systematic Review and Meta-Analysis, Am J Perinatol 2012;29:551 – 556) belegen, daß die prophylaktische Gebe von ASS, vor der 16. SSW begonnen, die Inzidenz einer schweren Präeklampsie bei den testpositiven Patientinnen um 50% senken kann.

Im Endeffekt muß hier medizinisch, ethisch und betriebswirtschaftlich folgende Frage beantwortet werden: Ist es gerechtfertigt ein Screening-Suchverfahren auf Präeklampsie (Inzidenz in Dtl. pro Jahr 20.000 Fälle, davon ca. 2600 Fälle pro Jahr vor der 34+0 SSW) mit einer mehr als 90%igen Entdeckungsrate zu etablieren, wenn hierdurch 10% aller so untersuchten Schwangerschaften (im Modell Deutschland pro Jahr: 70.000 Schwangerschaften) als auffällig (testpositiv) charakterisiert und mit ASS behandelt werden und sich hierdurch gleichzeitig in dieser therapierten Gruppe die Rate an meist schweren Präeklampsien von 2600 auf 1300 halbieren lässt. Gesundheitsökonomisch stehen hier letztlich die Kosten einer ASS-Therapie bei 70.000 Schwangeren den Behandlungskosten von 1300 dann vermiedenen Fällen einer Präeklampsie gegenüber.

Das Zweittrimester-Konzept, sFlt1 und PlGF zueinander als Quotienten in Bezug zu setzen (Cut-off 1:85) erlaubt es ab der 18. SSW mit einer hinreichend hohen Sensitivität von 85% das Erleben einer Präeklampsie vorherzusagen. Die Schwäche dieses Konzepts ist, daß dieser Quotient erst dann auffällig wird, wenn eine Präeklampsie unmittelbar droht (Vorhersagefenster max. 4 Wochen): Hier bleibt für eine Prophylaxe keine Zeit.

Die Langzeitfolgen der Präeklampsie für Mutter und Kind sind weithin bekannt:

Kinder, die in einer präeklamptischen Schwangeschaft geboren wurden, zeigen deutlich erhöhte Inzidenzen von kardiovaskulären Erkrankungen im späteren Leben. Neben Anzeichen von Gefäßveränderungen (Intima-Media-Dicke) kommt es durch eine fetale IUGR (aggraviert durch die Frühgeburtlichkeit) zu einer reduzierten Nephronanzahl und Nierengröße, die sich im VErlauf zu einer progressiven rrenalen Dysfuntkion entwickelt und letztlich in einer Hypertonie resultiert.

Über 90% der Frauen im Zustand nach schwerer Präeklampsie entwickeln 20 Jahre nach dem Ereignis eine chronische Hypertonie. Frauen weisen Jahre nach dem Auftreten hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen neben der chronischen Hypertonie eine signifikant erhöhte kardiovaskuläre Morbidität wie auch Mortalität auf, wobei die Mortalitätsrate kardiovaskulärer Erkrankungen insgesamt die karzinombedingte Mortalitätsrate um ca. das Doppelte übersteigt.

1. Juli 2013: Inkrafttreten der neuen Bestimmungen zum Ultraschallscreening in den Mutterschaftsrichtlinien

by admin ~ Juni 1st, 2013

30.5. 2013

Am 1. Juli 2013 treten nun endgültig die neuen Bestimmungen zum Ultraschallscreening in den Mutterschaftsrichtlinien in Kraft. Damit findet ein langjähriger gesundheitspolitischer Adaptationsprozess, wie Schwangerenvorsorge organisiert werden soll, seinen vorläufigen Abschluß. Entstanden war ein Anpassungsbedarf durch die starke Entwicklungsdynamik in der vorgeburtlichen Ultraschalldiagnostik seit Inkrafttreten der letzten Ultraschall-Novellierung der Mutterschaftsrichtlinien im Jahre 1995. Damals war das ursprünglich 1980 eingeführte Konzept einer Begleitung der Schwangerschaft durch zwei Ultraschalluntersuchungen auf drei Ultraschall-Sreening-Untersuchungen erweitert worden.

Inhaltlich sieht die jetzige Novelle (Vergl. aktualisierte Mutterschaftsrichtlinien, Entwurfsversion vor Veröffentlichung) folgende Änderungen vor:

– Das Recht auf Nichtwissen wird eingeführt (als optionales bzw. abwählbares Angebot): Die bisherige Formulierung der Richtlinien, die besagt, dass ein Ultraschallscreening durchgeführt werden soll, wurde geändert in „soll angeboten werden“. 
– Es wird – zusätzlich zu den bisherigen Basisinhalten des Ultraschallscreenings im zweiten Trimenon – die Option zur Durchführung einer erweiterten Basis-Ultraschalluntersuchung eröffnet. Die zu beurteilenden Strukturen werden im Einzelnen genannt. 
– Befähigungsnachweis als Qualifikationsanforderung: Ärzte, welche die erweiterte Ultraschalluntersuchung durchführen, müssen gegenüber ihrer Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen, dass sie die fachliche Qualifikation dafür besitzen

Ungewöhnlich war dabei die Art, wie die Novelle ordnungspolitisch umgesetzt wurde:

Die Mutterschaftsrichtlinien und damit die Bestimmungen zum Ultraschallscreening definieren eine Struktur- und Versorgungsqualität in der Betreuung der gesetzlich versicherten Schwangeren. Damit fallen sie mit Blick auf Definition und Weiterentwicklung in den Zuständigkeitsbereich des Gemein­samen Bundes­aus­schusses (G-BA) als Organ der mittelbaren Staatsverwaltung im selbstverwalteten Gesundheitswesen: Dieser ist als oberstes Beschluss­g­re­mium der gemein­samen Selbst­ver­wal­tung im Gesundheitswesen Deutschlands beauftragt, in Form von Richt­li­nien den Leis­tungs­ka­talog der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV) für mehr als 70 Millionen Versi­cherte festzulegen. Damit legt der G-BA fest, welche Leis­tungen der medi­zi­ni­schen Versor­gung von der GKV erstattet werden. 

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte bereits am 16. September 2010 die Änderungen der Mutterschafts-Richtlinien für den Bereich Ultraschall dem Grunde nach in einem "Vorratsbeschluss" genannten Dokument festgelegt und diese Novelle veröffentlicht. Sie trat allerdings nicht – wie sonst – nach Ablauf der Beanstandungsfrist des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft, weil zu ihrer praktischen Umsetzung erst noch gewisse organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden mussten. Hierzu zählten

– die Anpassung des Mutterpasses (vergl. Vortrag Prof. Chaoui Ultraschalltagung Erfurt 2012)
– die Erstellung eines "Merkblatt" genannten Aufklärungsblattes für die Schwangere durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) als Anlage 5 der Richtlinien
– die Novellierung der Ultraschallvereinbarung
– die Operationalisierung der Online-Ultraschall-Fachwissensprüfung durch die KVen (entsprechend der geänderten Ultraschallvereinbarung)
 

Diese Voraussetzungen sind nunmehr erfüllt, nachdem als letzte Anpassung das Merkblatt dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt (Vergl. G-BA-Pressemitteilung vom 21.3. 2013und es nicht beanstandet wurde. Damit erhät die so neu geordnete Mutterschaftsrichtlinie mit Bekanntmachung im Bundesanzeiger zum 1. Juli 2013 bindende Gültigkeit.

Interessanterweise ist eine ursprünglich formulierte Voraussetzung zur praktischen Umsetzung des Voratsbeschlusses bisher unberücksichtigt geblieben: Es handelt sich hierbei um 

– die Änderung des EBM (Gebührenordnungsziffern 01769 und 01771, Vergl. Publikation Dr. Klaus König im Frauenarzt vom März 2012)

Hierzu schreibt die KV Hamburg ("Ultraschall in der Schwangerschaft"): 

"Bisher steht für diese Leistung keine GOP (Gebührenordnungsposition) zur Verfügung. Da die vorhandene GOP 01770 “Betreuung einer Schwangeren“ diese neue Leistung nicht abdeckt, empfiehlt die Kassenärztliche Bundesvereinigung folgendes Vorgehen: Wenn Sie die Leistungen des erweiterten Basisultraschalls / Screenings nach der neuen MuRL (Mutterschaftrichlinien) erbringen, rechnen Sie zunächst die GOP 01770 ab. Zudem erstellen Sie eine Privatrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) über den zusätzlichen Aufwand für das Screening aus. Die Patientin kann die Rechnung zur Kostenerstattung bei ihrem Leistungsträger einreichen."

 

Dieses bewusste Aussparen der Frage, wie der erhebliche organisatorische, medizinische und auch medicolegale Mehraufwand, welche die Novelle für die einzelne Frauenarztpraxis bedeutet, vergütet werden soll, ist schon bemerkenswert. Im Endeffekt ist es damit den Vertretern der Krankenkassen gelungen,

 

– die sonographischen Pflichten des Schwangerenvorsorge betreibenden Frauenarztes erheblich auszuweiten: Entscheidend ist hierbei weniger der bei der erweiterten Ultraschalluntersuchung gem. Mutterschaftsrichtlinien vermehrte zeitliche und inhaltliche Umfang, sondern vielmehr, dass hier erstmals in der Primär-Ultraschalldiagnostik vom Untersucher explizit zu speziellen Fragen fetaler Fehlbildungen rechtsverbindlich Stellung bezogen werden muß.
– ohne daß das Gesamt-Vergütungsbudget der Kassen auch nur mit einem Cent belastet würde.

 

 

LifeCodexx senkt Preis für PraenaTest auf 825 Euro

by admin ~ Mai 29th, 2013

29.5. 2013

Die Firma LifCodexx teilt ihren Vertragspartnern mit:

"PraenaTest® für Euro 825,-: Ab 1. Juni 2013 ist der PraenaTest® für Euro 825,- inklusive MwSt und Expressversand verfügbar. Der neue Preis gilt für alle Blutproben, die ab dem 1. Juni 2013 bei uns eingehen. Bitte informieren Sie Ihre Patientinnen über die Preissenkung. Wir werden den neuen, niedrigeren Betrag vom Konto Ihrer Patientin abbuchen, auch wenn die Formulare in Ihren Blutentnahme-Sets noch den alten Preis aufweisen.

Erfahrung mit über 3000 Proben, Ausfallrate < 0,2%: Mehr als 3000 Blutproben haben wir bereits erfolgreich analysiert. Bei lediglich 0,2%  konnten wir trotz wiederholter Analyse  –  sofern die Schwangere eine Wiederholung wünschte – kein Ergebnis erzielen.

Probenabholung jetzt von Montag bis Freitag: Ab sofort können Sie  auch freitags Termine zur Blutentnahme mit Ihren Patientinnen vereinbaren. Wir holen Ihre Blutproben am Freitag Nachmittag per Kurier ab und sorgen für eine sichere Lieferung.

Schnelle Reaktionszeit – Analyse und Service in Deutschland: Die Analyse der Blutproben sowie der komplette Service erfolgen ausschließlich bei uns in Konstanz.  Durch die Nähe zu Ihnen können wir umgehend reagieren und auf Ihre Anfragen eingehen. Zum Beispiel stellen wir innerhalb von 24 Stunden fest, ob eine Blutprobe zu wenig fetale DNA enthält und informieren Sie unverzüglich. Bestellte Blutentnahme-Sets senden wir Ihnen per Expressversand zu.

Ergebnis in zwei Wochen: Die Lieferzeit von Probeneingang bis Ergebnismitteilung beträgt derzeit in der Regel 10 Arbeitstage – manchmal sogar weniger.  Wir arbeiten mit Hochdruck daran, diese für Ihre Patientinnen belastende Wartezeit weiter zu verkürzen.

CE-gekennzeichnete Analysesoftware: Mit seiner gemäß In-Vitro-Diagnostik-Richtlinie CE-gekennzeichneten Bioinformatik-Software ist der PraenaTest® der einzige, in der EU verkehrsfähige NIPT."

 

Reisen in der Schwangerschaft

by admin ~ Mai 27th, 2013

In einer unlängst veröffentlichten Übersichtsarbeit von Prof. Ioannis Mylonas, München, zum Thema Reisen während der Schwangerschaft finden sich die Prinzipien dargelegt, wie die Frage der Schwangeren nach der Reisefähigkeit in der Schwangerschaft individuell beantwortet werden kann. Gundsätzlich gilt dabei:

Die Entscheidung, ob eine Schwange­re verreisen kann, ist abhängig vom Zeit­punkt der Schwangerschaft, von vorbestehenden Grunderkrankungen und der augenblicklichen gesundheitlichen Situation. Es kann aus medizinischer Sicht notwen­dig sein von einer Reise abzuraten, wenn vorhandene Risiken vorhanden sind, wie Mehrlingsschwangerschaften, Zeichen einer Früh- oder Fehlgeburt, kindliche Entwicklungsstörungen, Schwangerschaftsbluthochdruck, Schwangerschaftsdiabetes, schwere vorbestehende mütterliche Erkrankungen, ein nachgewiesenes erhöhtes Thromboserisiko oder auch Infektionsrisiken oder sonstige Risiken am Zielort der Reise (Arzneimittelresistenzen, Notwendigkeit einer vorherigen Impfung mit Lebendimpfstoff u.ä.).

Für das erste Schwangerschaftsdrittel gilt: Eine Reise scheint wahrscheinlich das Ri­siko einer Eileiterschwangerschaft oder einer Fehlgeburt nicht zu beeinflussen. Im zweiten Schwangerschaftsdrittel sind schwangerschaftsverbundene Komplika­tionen seltener als im ersten und dritten Drittel der Schwangerschaft. Daher scheint das sogenannte zweite Trimenon die beste Zeit für eine Reise zu sein. Allerdings sollten Frauen mit einem erhöhten Frühgeburtsrisiko Flugreisen vermeiden und die Verfügbarkeit der geburtshilflichen Versorgung am Reiseort klären. Dabei ist natürlich zu bedenken, dass vor allem bei Auslandsreisen eine Frühgeburt häufig nicht von der Versicherung getra­gen wird bzw. solche spezialisierten Zent­ren nicht überall verfügbar sind.

Besonderes Interesse in der Beratung gilt dabei immer wieder den Flugreisen: Wegen der Gefahr einer Frühgeburt lehnen viele Fluglinien den Transport von Schwan­geren nach der 36. SSW ab. Der niedrige Luftdruck in einer Flug­zeugkabine hat nach heutigem Wissen nur einen geringen Effekt auf den Fe­tus. Während des Fluges wird der Druck automatisch angepasst. Die Mutter und das ungeborene Kind haben zwar im Vergleich zur Erdoberfläche weniger Sauerstoff im Blut, doch der Körper passt sich sehr schnell an.

Zum Thema Strahlenbelastung und Fliegen: Die Strahlenbelastung im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung am Flugha­fen scheint nicht von Bedeutung für das ungeborene Kind zu sein. Differenzierter ist die Strahlenbelastung durch einen Langstreckenflug in großer Höhe zu betrachten. Generell gilt eine Uterus-Strahlendosis von 50 Millisievert (mSv) als die biologische Grenze, oberhalb welcher ein Fetus – besonders im ersten Schwangerschaftsdrittel, wenn die kindlichen Organe entstehen – eine Schädigung erleiden kann. Die kosmische Strahlung am Boden beträgt aufgrund der schüt­zenden Atmosphäre etwa 0,3 mSv pro Jahr. Hinzu kommt als normale Strahlenexposition am Boden die umweltbedingte Strahlenbelastung von im Durchschnitt etwa 2,2–2,35 mSv pro Jahr. In der Luft ist die kosmische Strah­lung höher. Daher sind Flugpersonal und Passagiere einer erhöhten kosmischen Strahleneinwirkung ausgesetzt: In Abhängig­keit von der Flughöhe und der geogra­phischen Breite ist innerhalb eines Flug­zeuges in 10–12 km Höhe mit einer typi­schen Dosisbelastung von 0,005 mSv pro Stunde zu rechnen. Somit wird bei einem 10­-Stunden-­Flug die Strahlenexposition auf 0,05 mSv geschätzt. Demzufolge erscheint das Risiko einer Komplikation für das ungeborene Kind aufgrund einer Strahlenbelastung während eines einzel­nen Fluges vernachlässigbar.  

 

Ausgewogene Ernährung – Weniger fetale Fehlbildungen

by admin ~ Mai 23rd, 2013

Die Erkenntnis, dass eine ausgewogene, ballaststoffreiche mütterliche Ernährung in der Schwangerschaft mit viel Obst und Gemüse, vielen Milch- und Vollkornprodukte, Fisch und zusätzlicher Nahrungsergänzung von wasserlöslichen Vitaminen (besonders Folsäure) dazu beiträgt, die Entwicklung fetaler Fehlbildungen zu reduzieren, ist nicht neu: Ihr günstiger Effekt ist insbesondere für die Vermeidung kindlicher Neuralrohrdefekte (offener Rücken) belegt.

In einer unlängst veröffentlichten epidemiologischen Studie (Sotres-Alvarez D et al. Maternal Dietary Patterns are Associated With Risk of Neural Tube and Congenital Heart Defects. Am J Epidemiol 2013) mit Daten aus den Jahren 1997 bis 2005 konnte nun nachgewiesen werden, daß die mütterliche Ernährungsweise sich auch auf die Häufigkeit von fetalen Herzfehlern auswirkt.

In der National Birth Defects Prevention Study (NBDPS) wurden schwangere Frauen entsprechend ihrer Ernährungsgewohnheiten in vier Gruppen eingeteilt: 1. ausgewogen (täglich durchschnittlich 1.462 kcal, viel Obst und Gemüse, viele Milch- und Vollkornprodukte, Fisch etc.); 2. westlich (1682 kcal, viel Fleisch und Wurst, Weißbrot, Pommes frites, Mineralwasser, wenig Obst und Gemüse); 3. westlich mit nur 1.410 kcal; 4. mexikanisch (2044 kcal, scharfe Saucen, Chili, Avocados, Bohnenmus, Tortillas, Hühnchen- oder Fleischbeilagen, aber auch Obst und Gemüse). Eingeschlossen wurden 1223 Frauen, deren Kinder Neuralrohrdefekte entwickelt hatten, 8091 mit Herzanomalien und 6807 Kontrollprobandinnen. Die Ernährungsweise wurde sodann korreliert mit der Häufigkeit von fetalen Neuralrohrdefekten und Herzfehlern.

Bei Kindern von nicht folsäuresupplementierten Müttern, die sich zudem westlich, westlich kalorienreduziert oder mexikanisch ernährten, bestand im Vergleich zu Schwangeren mit ausgewogener Ernährung ein erhöhtes Risiko für Neuralrohrdefekte (Odds Ratios 1,5 bzw. 1,4; bzw. 1,6 nach Adjustierung der Folsäureaufnahme). Dieser Effekt konnte durch eine adäquate Folsäureergänzung aufgehoben (vermieden) werden.

Andere Ergebnisse fanden sich in Bezug auf die Entwicklung von fetalen Herzfehlern: Hier fand sich in der Gruppe 2 (westlich Ernährungsweise) eine doppelt so hohe Rate an Fallot´scher Tetralogie und eine 1,2 mal höhere Rate an Ventrikelseptumdefekten im Vergleich zur Gruppe 1 (ausgewogene Ernährung). Damit scheint sich nunmehr auch für zumindest eine bestimmte Gruppe von fetalen Herzfehlern ein Zusammenhang zur mütterlichen Lebensweise (Ernährung) abzuzeichenen; und dieser besteht offenbar unabhängig von einer Vitamin-Nahrungsergänzung.

 

 

Einführung des Panorama – Tests von Natera – Die deutsche Diskussion

by admin ~ Mai 20th, 2013

20.5. 2013

Ab sofort bieten der deutsche Laborkonzern Amedes (ehemals Labor Wagner & Stibbe) und die US-amerikanische Genfirma Natera gemeinsam den nichtinvasiven Panorama-Test für die Pränataldiagnostik in Deutschland an. Hierzu berichtet am 13.5. 2013 das Pharma-Portal Pharma-Zeitung.de: "Ab sofort wird die amedes Gruppe den Natera-Test für nicht-invasive Pränataldiagnostik in Deutschland vertreiben. Amedes, bundesweit tätiger diagnostischer Dienstleister, teilte heute den Vertragsabschluss mit der US-amerikanischen Diagnostikfirma mit.  ……. Amedes und Natera sehen die nicht-invasive Pränataldiagnostik aus mütterlichem Blut als Ergänzung zur aktuell gängigen Nackentransparenz-Messung und der Messung biochemischer Marker (PAPP-A, freies βhCG). ……. Der Panorama Test kann ab der 9. + 0 Schwangerschaftswoche eingesetzt werden."

Diese Testeinführung in Deutschland kommt nicht unerwartet, sondern folgt einer ökonomischen Logik: Der europäische Markt ist für Pharmaunternehmen nach den USA der zweitgrößte der Welt. Allein im bevölkerungsreichsten EU-Land Deutschland belief sich lt. BPI das Produktionsvolumen der pharmazeutischen Industrie im Jahre 2010 auf 26,9 Mrd Euro. Folgerichtig ist in Deutschland der Produktlaunch des Panorama-Tests nur eine Zwischenstation hin zu der Etablierung eines neuen Gesundheitsmarkt-Segments der NIPT – Nichtinvasiven Pränataltests mit diversen Anbietern, wir er sich in den USA bereits mit allen damit verbundenen Anpassungsprozessen vollzogen hat.

Zum sicheren Nachweis eines fetalen Gendefektes ist immer noch die Durchführung einer invasiven Diagnostik (Goldstandard: Amniozentese, Fetalblutentnahme, Chorionzottenbiopsie) zwingend erforderlich. Diese birgt ein eingriffsbedingtes Risiko von ca. 1% für eine Fehlgeburt eines gesunden Kindes. Eines der großen Ziele der Pränataldiagnostik war und ist es daher, die invasive Diagnostik nur solchen Schwangeren anzubieten, bei welchen eine möglichst präzis erfasstes tatsächliches Risiko für eine fetale Aneuploidie gegeben ist. Entsprechend wurden immer verfeinerte Strategien entwickelt, um das tatsächliche individuelle Risiko einer Schwangeren für das Vorliegen einer genetischen Erkrankung des Feten zu erfassen. Ausgangspunkt war dabei das immer noch in den Mutterschaftsrichtlinien verankerten Konzept des Altersrisikos. Es wurde bis zum kombinierten NT-Test nach Nicolaides mit seiner mittlerweile sehr detaillierten zusätzlichen Analyse von fetaler Anatomie und placentarer Funktion (Konzept: "Turning the Pyramid of Care") als gegenwärtig gültigem Goldstandard der nichtinvasiven Überprüfung fetaler Gesundheit hin weiterentwickelt.

Durch das den NT-Test ergänzende Hinzutreten der NIPT ist es gelungen, die Erfassung tatsächlich erkrankter Feten nochmals deutlich zu erhöhen: Die Sensitivität in der Entdeckung des Downsyndroms steigt von 95 % (kombinierter NT-Test) auf  > 99% (kombinierter NT-Test plus NIPT). Für Suchverfahren weitaus bedeutsamer ist dabei, daß es gleichzeitig hierdurch gelungen ist, die Charakterisierung von tatsächlich gesunden Feten nachhaltig zu erhöhen: Die Spezifität im Ausschluß des Downsyndroms steigt von 95% (kombinierter NT-Test) auf > 99% (kombinierter NT-Test gefolgt von NIPT). Folge hiervon ist die drastische Senkung unnötiger invasiver Prozeduren an gesunden Feten.

Insofern ist es dem Grunde nach begrüßenswert, daß mit dem Panorama-Test der mittlerweile zweite Anbieter ein NIPT-Verfahren auf den deutschen Pharmamarkt etablierten möchte. 

Eine spezifische Besonderheit des Panorama-Tests in seiner gegenwärtigen organisatorischen Ausbaustufe ist, daß die molekulargenetische Untersuchung (technische Testdurchführung – eigentliche Laborleistung) in den USA duchgeführt wird. Die Probenentnahme und ärztliche Ergebnismitteilung (ärztliche Leistung) erfolgt dagegen durch den behandelnden Gynäkologen in Deutschland. Dieses technische Laborverfahren ist bisher in Deutschland nicht CE-zertifiziert und folglich nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) noch nicht als in-vitro-Diagnostikum zugelassen. In den USA ist das Natera als Labor CAP-akkreditiert und der Panorama-Test CLIA-zertifiziert. Bezüglich einer etwa erfolgten Zulassung bei der in den USA hierfür zuständigen obersten Gesundheitsaufsichtsbehörde FDA – Food and Drug Administration schreibt Natera auf der Homepage panoramatest.com: "The Panorama prenatal test was developed by Natera, Inc., a laboratory certified under the Clinical Laboratory Improvement Amendments (CLIA). This test has not been cleared or approved by the U.S. Food and Drug Administration (FDA)." (Zugriff 20.5.13).

Diese augenblickliche Situation ist nicht unproblematisch: Schließlich wirft sie eine Fülle ungeklärter medizinischer und juristischer Fragen – insbesondere für den Fall einer Arzthaftungsklage im Falle eines falsch-negativen Testergebnisses – auf. Dieses Risiko, daß der Panorama-Test ein unauffälliges (negatives ) Ergebnis ausweist und nach erfolgter Geburt ein Down-Syndrom diagnostiziert wird, ist in Anerkennung des Testprinzips und seiner bisher publizierten Testleistungszahlen sicherlich gering, kann allerdings nicht vollständig ausgeschlossen werden. Als generelle Anhaltsgröße gilt, das statistisch etwa jedes 300te NIPT-Testergebnis (=0,3%) nicht zutreffend ist (falsch-positiv oder falsch-negativ) und immerhin 0,5-4% aller Untersuchungen kein klinisch verwertbares Ergebnis liefern. Hier herrscht ganz offensichtlich ein noch erheblicher Klärungs- und Regulationsbedarf von medizinischer, administrativer und juristischer Seite.

 

 

Brustkrebs – Ultraschall kann Intervallkarzinome entdecken

by admin ~ Mai 19th, 2013

Am 22.3. 2013 berichtete das Deutsche Ärzteblatt und am 10.4. 2013 die Ärzte-Zeitung über die Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM), welche am 21. März 2013 fand im Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz (Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin) stattfand. Auf dieser Pressekonferenz referierten Prof. Dr. Alexander Mundinger, Direktor des Zentrums Radiologie der Niels Stensen Kliniken in Osnabrück und Prof. Dr. Friedrich Degenhardt, Leiter des Arbektskreises Mammasonographie und Leiter des Brustzentrums Bielefeld-Herford zur Stellung der Ultraschalluntersuchung der Brust in der Entdeckung von sogenannten Intervalllkarzinomen. Intervallkarzinome sind Karzinome, die im Intervall zwischen zwei Screening-Untersuchungen auftreten. Im deutschen Programm beträgt dieses Intervall zwei Jahre. 

Etwa 50 bis 60 Prozent der Intervallkarzinome sind schnell wachsende Karzinome, die nach der vorausgehenden Mammographie entweder neu entstehen oder bei der Mammographie noch so klein waren, dass sie nicht gesehen werden konnten. Intervallkarzinome sind keine vernachlässigbare Größe. Zahlen aus Nordrhein-Westfalen zeigen, dass bei etwa 0,23 Prozent der Teilnehmerinnen am Mammographie-Screening solche Intervallkarzinome auftreten: Bei fast 880.000 Screening-Teilnehmerinnen in Nordrhein-Westfalen wurden bei über 2.000 als unauffällig eingestuften Frauen noch vor der nächsten regulären Mammographie Brustkrebs entdeckt. Prof. Degenhardt berichtete, daß diese schnell wachsenden Intervallkarzinome könnten mit einer Ultraschalluntersuchung der Brust entdeckt werden können. Das biete die Option auf eine potenziell lebensrettende Therapie zu einem frühen Zeitpunkt. 

Ideal wäre daher aus Sicht der DEGUM ein Ultraschall-Screening der Brust mittig zwischen den Mammographieterminen. Eine Kompromisslösung ist seit Kurzem in Österreich umgesetzt. Dort erhalten Frauen mit einer Brustdichte von über 50 Prozent zusätzlich zur Mammographie generell eine Ultraschalluntersuchung, allerdings am selben Termin. In Deutschland ist der Brustultraschall zu Screening-Zwecken bisher eine Selbstzahlerleistung. Frauen, die ihn nutzen möchten, sollten laut DEGUM darauf achten, dass leistungsfähige Geräte eingesetzt werden. Die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zugelassenen Geräte mit einer Frequenz von 7MHz reichten nicht aus. Besser seien 10 bis 15 MHz.

30.4. 2013 Stellungnahme des Deutschen Ethikrats zur Zukunft der genetischen Diagnostik

by admin ~ Mai 8th, 2013

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http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/ethikrat-fordert-mehr-patientenschutz-bei-genetischer-diagnostik-a-897432.html

http://www.derwesten.de/politik/ethikrat-streitet-ueber-den-gen-test-bei-ungeborenen-aimp-id7901833.html

http://www.biotechnologie.de/BIO/Navigation/DE/Aktuelles/politik,did=163830.html?view=renderPrint

http://www.gesundheitsstadt-berlin.de/nachrichten/artikel/ethikrat-gibt-23-empfehlungen-zum-umgang-mit-gentests-1554/