2020_04_06 Risiken der assistierten Reproduktionstechniken (ART – künstlichen Befruchtung)

Am 12.3. 2020 gab der gnäkologische Endokrinologe Prof. Dr. Christoph Keck dem Ärztlichen Nachrichtendienst ein Interview, in welchem er die Risiken der assistierten Reproduktion – künstlichen Befruchtung für Mutter und Kind zusammenfassend darstellte. Zusammenfassend konstatiert er: Künstlich herbeigeführte Schwangerschafte bergen erhöhte Risiken für Mutter und Kind. Mittlerweile ist die Datengrundlage hierfür recht robust: Weltweit kamen bisher mehr als 8 Millionen Babys nach einer assistierten Reproduktion (ART) auf die Welt. In Deutschland wurden im Jahr 2017 mehr als 20.000 Kinder durch Frisch- oder Auftauzyklen geboren.

Im Einzelnen berichtet Prof. Keck: Bei einer künstlichen Befruchtung kommt es viel häufiger als natürlicherweise zu Mehrlingsschwangerschaften (über 20% gegenüber rd. 1,2 %). Grund dafür ist, dass meist zwei – in seltenen Fällen auch drei – Embryonen in die Gebärmutterhöhle eingesetzt werden. Zwillingsschwangerschaften gehen naturgemäß immer mit einem erhöhten Risiko für die Mutter und Kinder einher. Generell besteht bei Schwangeren nach künstlicher Befruchtung ein um 30 bis 40 Prozent erhöhtes Risiko für Präeklampsie, Gestationsdiabetes und Bluthochdruck. Das Risiko für Blutungskomplikationen vor und während der Geburt verdoppelt sich.

Die Ursachen hierfür sind noch unklar und werden derzeit auf ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren zurückgeführt (multifaktorieller Ansatz): 1. Unfruchtbarkeit erhöht das genetische Risiko. 2. Werdende Eltern nach einer Kinderwunschbehandlung sind im Durchschnitt älter als jene, deren Kinder auf natürlichem Weg gezeugt wurden. Im Jahr 2018 waren die Frauen durchschnittlich 35 Jahre alt. 3. Die vor dem Embryonentransfer erforderliche hormonelle Stimulation nimmt Einfluss auf die Eizellqualität. 4. Hinzu kommen epigenetische Faktoren, da sich die befruchteten Eizellen zuerst in einem Kulturmedium befinden, und nicht in einer natürlichen Umgebung. 5. Auch eine Desynchronisierung zwischen der Entwicklung der Embryonen und des Endometriums könnte eine nicht optimale Einnistung hervorrufen und damit Plazentastörungen begünstigen. Diese wiederum steigern das Risiko für Gestationsdiabetes und Bluthochdruck. 6. Auch kann die labortechnische Bearbeitung der Eizellen natürlich auch die Zellen selbst beeinflussen.

Gesundheitliche Risiken für die solcherart gezeugten Kinder sind:  Frühgeburten – speziell vor der 32. SSW – kommen nach ungefähr doppelt so häufig vor. Das Risiko für ein niedriges bis sehr niedriges Geburtsgewicht ist gegenüber natürlcih gezeugten Kindern um 50 Prozent erhöht. Das perinatale Mortalitätsrisiko von per ART geborenen Kindern ist um 80 Prozent erhöht, das kongenitale Fehlbildungsrisiko um 60 Prozent. Diese Zahlen gelten unabhängig von der gewählten ART-Methode.
 

Weiterführende Lieteratur hierzu:

ACOG (American College of Obstetricians and Gynecologists) -Statement: Perinatal Risks Associated With Assisted Reproductive Technology (Sept 2016)

– Hoorsan H et al, 2017: Congenital Malformations in Infants of Mothers Undergoing Assisted Reproductive Technologies: A Systematic Review and Meta-analysis Study

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