Zika-Virus und Schwangerschaft – Gesichertes Wissen und rationale Handlungsempfehlung

Das Zika-Virus ist ein RNA-Virus aus der Gattung Flavivirus der Familie Flaviviridae. Es wurde 1947 erstmals im Zika-Wald in der Nähe von Entebbe in Uganda im Rahmen von Gelbfieberexperimenten bei Rhesusaffen nachgewiesen. Das primäre Erregerreservoir des Zika-Virus umfasst Nagetiere und Primaten (u.a. Rhesusaffe aus der Primatengruppe Cercopithecoidea, aber auch Menschenaffen (Hominidae), zu welchen phylogenetischen Erkenntnissen zufolge auch die Gattung Homo sapiens zählt). Die ersten nachgewiesenen Menscheninfektionen stammen aus den frühen 1950er Jahren (1952 in Uganda, Tansania, 1954 in Nigeria). Krankheitsüberträger (Vektoren) sind Stechmücken der Gattung Aedes (A. aegypti, A. africanus, A. vitattus, A. furcifer, A. luteocephalus) mit Hauptverbreitungsgebiet Tropen und Subtropen. Eine mögliche direkte Virustransmission durch Geschlechtsverkehr ist wohl die große Ausnahme und wurde bisher nur in Einzelfällen beschrieben (2009 Colorado/USA, 2016 Dallas/Texas/USA). Auch ist eine Infektion durch komtaminierte Blutprodukte theoretisch denkbar.

Infolge der zunehmenden globalen Mobilität hat das Zika-Virus aus dem Herkunftskontinent Afrika heraus eine zunehmende Verbreitung in tropischen Regionen der Welt erfahren. So ist das Zika-Virus nach phylogenetischen Analysen bereits in den 1940er Jahren nach Asien eingewandert. Erste klinische Fälle wurden in den 1970er Jahren in Indonesien beschrieben. Der erste Krankheitsnachweis außerhalb Afrikas und Asiens stammt aus dem Jahr 2007 (Yap-Inseln/Mikronesien). Hier kam es unter 11000 Personen Gesamtbevölkerung zu 49 bestätigten und 59 möglichen Fällen einer Zika-Erkrankung bei einer nachgewiesenen tatsächlichen Infektionsrate (Zika-Antikörpernachweis im Blut) von 73% (= 8000 Personen). Dies bedeutet, daß nur jeder achzigste Zika-Virus-Infizierte das klinische Bild einer Zika-Erkrankung entwickelte. 2013/2014 breitete sich das Zika-Virus in Französisch-Polynesien und anschließend nach Westen zu auf den Cook-Inseln, Neukaledonien, Vanuatu (Neue Hebriden), nach Osten zu auf der Osterinsel aus. Seit 2015 wird in Süd- und Zentralamerika (ausgehend von Brasilien) eine Zika-Epidemie beobachtet. Seiner Herkunft nach handelt es sich bei dem Krankheitserreger um den Asien-Typus des Zika-Virus.

Die akute Zika-Viruserkrankung zeigt beim Menschen nur geringe Symptome und verläuft in aller Regel mild. Man schätzt, daß nur jeder fünfte Infizierte ein klinisches Krankheitsbild entwickelt. Hierzu passt, daß bis zum Jahre 2007 weniger als 15 Menscheninfektionen weltweit bekannt waren. Alle stammten aus Afrika oder Südostasien. Dem gegenüber ist die Durchseuchungsziffer (nachgewiesene Antikörper im Blut) in den Endemiegebieten deutlich höher (Vergl. Yap-Inseln-Epidemie 2007). Das Zika-Krankheitsbild kann umfassen: Auftreten eines Exanthems (Hautausschlag) unterschiedlicher Lokalisation (Hals-Oberkörper, Extremitäten), leichtes Fieber (37,8 bis 38,5 Grad), als sehr häufiges Symptom Arthitiden- Arthalgien (Gelenkschmerzen), Conjunctivitis, selten Muskelschmerzen und Erbechen. Die Krankheitsdauer beträgt nur wenige Tage, maximal eine Woche. Im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Zika-Epidemie in Kolumbien/Brasilien wurde der Verdacht erhoben, daß Zika-Infektionen ein Guillain-Barré-Syndrom verursachen könne. Auch besteht ein Verdacht, daß das Zika-Virus im ersten Schwangerschaftsdrittel bei transplazentarer Infektion beim Feten eine Mikrozephalie auslösen kann. Dieser gründet sich bisher ausschließlich auf der zeitlichen und örtlichen Korrelation zwischen dem Auftreten von Zika in Brasilien und dem dort beobachteten Anstieg von Geburten mit kindlicher Mikrozephalie. Es gibt zur Zeit keinen Beweis eines Kausalzusammenhangs zwischen einer mütterlichen Zika-Infektion und kindlicher Mikrozephalie, wenngleich auch außerhalb Brasiliens nach retrospektiver Analyse ein Anstieg von fetalen ZNS-Fehlbildungen einschließlich Mikrozephalie anläßlich des Krankheitsausbruchs in Französisch-Polynesien berichtet wurde. Als mögliche andere Ursachen für das Auftreten von Neugeborenen-Mikrozephalien werden Medikamente oder toxische Ursachen (Umweltvergiftung), ggf. auch deren Zusammenwirken (sog. Cofaktoren) diskutiert.

Die Differentialdiagnose der Zika-Infektion umfasst andere virale Ursachen der Arthritis (besonders Dengue-Fieber, Chikungunya, Parvovirus, Röteln), die Masern, Leptopirosen, Malaria, Rickettsien und Gruppe-A-Streptokokken-Infektionen.

Als Schutz vor einer Zika-Infektion stehen bisher nur allgemeine Maßnahmen gegen Moskitostiche und das Meiden der betroffenen Gebiete vur Verfügung, da Impfstoffe oder gezielt gegen Zika wirkende Medikamente bisher fehlen. Generell ist über die Beobachtung der Symptome hinaus bisher wenig über genauen Krankheitsverlauf von Zika beim Menschen und der Frage einer postinfektösen Immunität bekannt. Auch gibt es für den Sonderfall einer Zika-Virusinfektion in der Schwangerschaft praktisch keine gesicherte (Er-)Kenntnis. Hier wären für eine differenzierte Beratungen insbesondere das Wissen um die vertikalen Mutter-Kind-Transmissionsraten in Abhängigkeit vom Schwangerschaftsalter und die Kenntnis der formalen Pathogenese einer fetalen Zikainfektion von zentraler Bedeutung. In zwei unlängst publizierten Fällen von fetalen Hirnfehlbildungen konnte im Fruchtwasser ein Zika-Infektionsnachweis (positive PCR, positiver Antikörpernachweis) erbracht werden.

Mit der Olympiade 2016 in Rio de Janeiro (5. – 21. 8. 2016) steht dem von der augenblicklichen Zika-Epidemie am stärksten betroffenen lateinamerikanischen Staat Brasilien die erfolgreiche Durchführung der weltweit bedeutendsten sportlichen Großveranstaltung bevor. Erste wissenschaftliche Modellrechnungen existieren zu der Frage, wie duch den Olympia-Reiseboom die globale Weiterverbreitung von Zika gefördert werden könnte. Nicht zuletzt auch vor diesem Hintergrund wurden von diversen nationalen wie internationalen Organisationen Warnungen und Handlungsempfehlungen ausgesprochen:

November 2015: Die PAHO (Panamerikanische Gesundheitsorganisation – regionales Büro der WHO) erläßt eine sog. epidemiologische Warnung zu Zikavirus und fetale Mikrozephalie

Januar 2016: Der US-amerikanische CDC (Center for Disease Control and Prevention) veröffentlicht eine Reisewarnung und seine Interim Guidelines for Pregnant Women During a Zika-Virus Outbreak

Februar 2016: Die WHO erklärt den Zika-Virus-Ausbruch als PHEICPublic Health Emergency of International Concern

 

Zusammenfassend ist zu konstatieren:

– Die Zika-Virus-Infektion beim Menschen verläuft in den überwiegenden Fällen asymptomatisch. 10-20% der Infizierten entwickeln ein mildes, grippeähnliches Krankheitsbild, welches wenige Tage andauert.

– Eine Infektion mit dem Zika-Virus ist gebunden an das Verbreitungsgebiet (Tropen und Subtropen) der Aedes-Mücken als Überträger (Vektor).

– (Zentral-)Europa selbst ist kein Aedes-Verbreitungsgebiet. Selbst (z.B. über Flughäfen wie Frankfurt) importierte Aedes-Mücken haben aufgrund der hier herrschenden Umweltbedingungen kein vermehrungs- und damit überlebensfähiges Habitat. Dadurch ist Zentraleuropa weder gegenwärtig ein Endemiegebiet für Zika-Virus noch ist absehbar zukünftig damit zu rechnen, daß es sich hierzu entwickeln könnte.

– Zika und Neugeborenen-Mikrozephalie: Bisher (Stand Februar 2016) sind in Brasilien lediglich zeitliche und räumliche Korrelationen zwischen Zika und Mikrozephalie beobachtet worden. Es gibt zur Zeit keinen abschließenden Beweis eines Kausalzusammenhangs zwischen einer mütterlichen Zika-Infektion und kindlicher Mikrozephalie, wenngleich sich die Hinweiszeichen hierfür verdichten. Als mögliche andere Ursachen für das werden Medikamente oder toxische Ursachen (Umweltvergiftung) diskutiert.

– Selbst wenn man einen bisher nicht hinreichend bewiesenen Kausalzusammenhang zwischen Zika und Mikrozephalie unterstellt, so bedeutete dies: Nicht- Schwangere, ansonsten gesunde Personen sind in Anbetracht des milden Primär-Infektionsverlaufs mit Zika zu keiner Zeit gesundheitlich gefährdet, und das überall auf der Welt. Schwangere selbst sind im Hinblick auf ihre eigene Gesundheit ebenfalls nicht gesundheitlich bedroht. Gefährdet wäre so allenfalls ein Fetus einer bisher nicht Zika-primärinfizierten Schwangeren in einem Endemiegebiet von Aedes.

– Hieraus folgt als Handlungsempfehlung für Schwangere in Deutschland, nicht ohne Not in das aktuelle Zika-Endemiegebiet Mittelamerika-Kolumbien-Brasilien zu reisen. Zika stellt für Schwangere in Deutschland KEINE Gefahr dar, da der Überträger (Aedes-Mücke) hier nicht vorkommt und von daher selbst einreisende infizierte Personen keine Ansteckung verursachen können. Das primäre Suchraster nach Zika in Deutschland ist ebendiese Anamnese, ob die ratsuchende Schwangere sich während den ersten vier Monaten ihrer Schwangerschaft in einem Zika-Endemiegebiet aufgehalten hat. Erst dann sollte eine entsprechende Diagnostikkaskade initiiert werden.

Quellen: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Zika-Virus

http://flexikon.doccheck.com/de/Zika-Virus

https://en.wikipedia.org/wiki/2007_Yap_Islands_Zika_virus_outbreak

Martin Enserink: An obscure mosquito-borne disease goes global. In: Science. Band 350, Nr. 6264, 2015, S. 1012–1013, doi:10.1126/science.350.6264.1012.

https://microbewiki.kenyon.edu/index.php/Zika_virus

https://en.wikipedia.org/wiki/Zika_virus_outbreak_(2015–present)

https://en.wikipedia.org/wiki/Zika_virus_outbreak_timeline

https://en.wikipedia.org/wiki/Public_Health_Emergency_of_International_Concern

http://www.cdc.gov/mmwr/volumes/65/wr/mm6503e2.htm

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