Update April 2016 – Zika-Virus-Diagnostik in der Schwangerschaft

Mit Datum 10.3. 2016 wurde in der international führenden Ultraschall-Zeitschrift "Ultrasound in Obstetrics and Gynecology" (sog. White Journal, Publikationsorgan der ISUOG – Internat. Gesellschaft für Ultraschall in Frauenheilkunde und Geburtshilfe) eine vorläufige bzw. einstweilige praktische Orientierungshilfe ("interim guidance") zum Thema Zikavirus und Schwangerschaft veröffentlicht. Darin wird festgehalten:

– Eine ursächliche (kausale) Beziehung zwischen einer in-utero-Exposition des Feten mit Zika-Virus (ZIKV) und dem Auftreten einer fetalen Mikrozephalie ist nach derzeitigem Erkenntnisstand wahrscheinlich ("likely"), aber noch nicht vollständig gesichert (vergl. University of Helsinki. "Link between Zika virus and fetal brain damage confirmed." ScienceDaily. ScienceDaily, 30 March 2016)

– Voraussetzung für den Kausalzusammenhang zwischen einer diagnostizierten fetalen Fehlbildung und einer kongenitalen Infektion sind die Stufen mütterliche Exposition -> mütterliche Infektion -> fetale Infektion -> fetale Schädigung (Affektion). Wie diese Stufen bei der ZIKV-Infektion fortschreiten, ist derzeit noch unklar (Wieviele virusexponierte Schwangere werden infiziert, wiviele infizierte Schwangere übertragen das Virus über die Plazenta auf den Feten, wieviele infizierte Feten erleiden eine ZIKV-bedingte Schädigung).

– ZIKV-Infektionen in der frühen Schwangerschaftsphase scheinen das höchste Schadensrisiko zu bergen, wiewohl schädliche Effekte durch die gesamte Schwangerschaft hindurch nicht ausgeschlossen werden können.

– Die Zika-Infektionsdiagostik ist diffizil und sollte damit immer expertengestützt erfolgen: Eine Zika-Virusdiagnostik kann prinzipiell in mütterlichem Serum über den direkten Virusnachweis (RT-PCR) oder den ZIKA-spezifischen Ig M-Antkörpernachweis durchgeführt werden. Limitierend ist hier der Umstand, dass der RT-PCR-Nachweis nur während oder unmittelbar nach durchgemachter Infektion geführt werden kann und dass der Ig M-Nachweis Kreuzreaktionen mit anderen Flavivirus-Infektionen aufweist (-> Erhöhung der Falsch-positiv-Testrate). 

– Schwangere mit einem medizinisch überprüften, tatsächlich gegebenem Zika-Virus-Infektionsrisiko, einem zu einer möglichen Zinka-Infektion passenden Krankheitsbild oder einer positiven Zika-Virus-Infektionsserologie sollen regelmäßige Ultraschalluntersuchungen des Feten erhalten. Dabei umfasst die Zika-Ultraschall-Basisdiagnostik vor der 14. SSW (Schwangerschaftswoche) die Messung von CRL (SSL) zur möglichst exakten Bestimmung des Schwangerschaftsalters, die Messung von BPD (BIP) und des HC (KU) sowie die Untersuchung der fetalen Anatomie. Jenseits der 14. SSW umfasst die Basisdiagnostik die sonst auch üblichen biometrischen Parameter (BIP, HC, AC, FL), Untersuchung der fetalen Anatomie und die Messung der Hirnseitenventrikel sowie des Kleinhirns (TCD). Gezielt gefahndet werden sollte dabei nach intracerebralen Zeichen einer fetalen Infektion (Kalzifikationen, periventrikuläre oder intraventrikuläre echogene Bezirke, irreguläre Begrenzung der Seitenventrikel).

– Bisher ist unklar, ob und wenn ja, wann nach einer maternalen ZIKA-Infektion sonographische Symptome bei einem (dann infizierten) Feten auftreten können. Die ISUOG-Orientierungshilfe empfiehlt daher Folge-Ultraschalluntersuchungen bei den identifizierten Risikoschwangeren im Abstand von 4-6 Wochen.

– Eine Überweisung zum Ultraschall-Spezialisten (Zielauftrag: gezielter Ultraschall-Fehlbildungsausschluß, Feindiagnostik, Fehlbildungsdiagnostik, Degum II-Ultraschall inkl. fetale Neurosonographie) sollte erfolgen, wenn der fetale Kopfumfang (HC) bei der Basisdiagnostik mehr als 2 Standardabweichungen (2 SD) unter dem für das Schwangerschaftsalter erwarteten Wachstumsmedian (= Verdacht auf Mikrozephalie) gemessen wird oder eine Hirnanomalie (wie intracerebrale Kalzifikationen oder eine Ventrikulomegalie) nachweisbar ist. Hierbei ist zu bemerken, daß die meisten Feten mit einem isolierten KU unterhalb von 2 SD relativ zum altersspezifischen Median das untere Ende einer normalen Populationsverteilung repräsentieren und klinisch gesund sind. Eine Intervall-Ultraschalluntersuchung im Abstand von 2-3 Wochen sollte in einer derartigen Situation erfolgen.

– Betont werden muß, daß es kein spezifisches Zika-Virus-Ultraschallbild gibt. Auch das sonographische Wissen hierzu ist gegenwärtig noch limitiert und eine frühe Ultraschalldiagnostik wohl ausgesprochen schwierig. Aus der Erfahrung mit anderen fetalen ZNS-Infektionen wird angenommen, daß mögliche Ultraschallsymptome eine periventrikuläre Echogenität mit und ohne zystische Läsionen, intraventrikuläre Adhäsionen Kalzifikationen, Dysgenesien von Corpus callosum und Vermis, einen reduzierten Kleinhirndurchmesser, eine vergrößerte Zisterna magna oder eine vermehrte Menge von Liquor um das fetale Gehirn herum umfassen können.

– In Fällen einer zunehmenden Verlangsamung des KU-Wachstums unter 3 SD oder der Entwicklung von Hirnanomalien sollte die Möglichkeit einer weiterführenden invasiven Diagnostik (Amniozentese mit Zika-RT-PCR-Bestimmung) nach entsprechender Experteneinbindung (Labormediziner mit Schwerpunkt fetale Infektionen) mit der Schwangeren diskutiert werden. Bedacht werden sollte dabei, daß gegenwärtig die Sensitivität und Spezifität dieser Untersuchung in der Entdeckung einer fetalen Zika-Virusinfektion noch unbekannt ist. Auch ist unklar, wie hoch bei positivem PCR-Nachweis im Fruchtwasser die tatsächliche fetale Infektionsrate ist. Allerdings kann davon ausgegangen werden, daß bei einer sonographisch nachgewiesenen Hinranomalie und einem positiven ZIKV RT-PCR-Resultat die Wahrscheinlichkeit hoch ist, daß beide Befunde miteinander assoziiert sind. Auch sollte bei einer zunehmenden Verlangsamung des KU-Wachstums unter 3 SD oder der Entwicklung von Hirnanomalien im Ultraschall zusätzlcih ein Fetal-MRT erfolgen, um sonstige Fehlbildungen (bes. Vor-und Frühformen) zu identifizieren, welche der Ultraschall nicht darstellen kann. Die dann möglichen weiteren Handlungsoptionen unterliegen den jeweiligen nattionalen gesetzlichen Regularien.

– Eine pränatal diagnostizierte maternale oder fetale ZIKA-Infektion sollte postpartal durch eine histopathologische Untersuchung von Plazenta und Nabelschnur gesichert werden und die betroffenen Neugeborenen hinsichtlich ihrer weiteren Entwicklung überwacht werden.

Aktuelle Informationen zur Zika-Virus-Epidemie finden sich auch hier:

– Homepage des Bundesgesundheitsministeriums: "Informationen zum Zika-Virus"

– Homepage des BNITM – Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin: "Empfehlungen zur Diagnostik der Zika Virus-Infektion"

– Tages-Anzeiger (Schweiz): "Schwieriger Nachweis für Zika-Viren"

– Uptodate.com: Zika virus infection

– Reiter-Fink E, Deutinger J: Die Mikrozephalie. Speculum – Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2009; 27 (4) (Ausgabe für Österreich), 18-22 

– CDC Telebriefing: Zika Virus Update – 4-13-2016

– Rasmussen SA, Jamieson DJ, Honein MA, Petersen LR: Zika virus and birth defects – reviewing the evidence for causality, N Eng J Med, Apr 13, 2016, DOI: 10.1056/NEJMsr1604338

 

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