Über die Beförderung des neuen Bluttests auf fetale Trisomie 21 (PraenaTest, Fa. LifeCodexx, Konstanz) in der Laienpresse

by admin ~ Juni 16th, 2012. Filed under: Allgemein.

Die Einführung des PraenaTest genannten, neuen nicht-invasiven Untersuchungsverfahrens auf fetale Trisomie 21 in die praktische Pränataldiagnostik zeichnet sich für Mitte Juli 2012 ab.

In seinem momentanen Entwicklungsstand handelt es sich bei dem Verfahren um einen diagnostischen Test der zweiten Linie, nachdem ein kombinierter NT-Test nach Nicolaides einen auffälligen Befund für Trisomie 21 ergeben hat. Dabei hilft der PraenaTest, die Anzahl der Falsch-positiven Befunde im NT-Test für Trisomie 21 um 95% zu senken. Damit ist eine dramatische Senkung der unnötigen invasiven Prozeduren nach NT-Test mit gleichzeitig deutlicher Anhebung der anteiligen Entdeckungsrate für Trisomie 21 bei durchgeführter invasiver Diagnostik zu erwarten. Da der NT-Test für eine breite Palette fetaler Störungen hoch-empfindlich (sensitiv) und vorhersagend (prädiktiv) ist, der PraenaTest dagegen nur die freie Trisomie 21 erfasst, kann und darf unter dem Aspekt von Präzision und Sicherheit pränataler Diagnostik der PraenaTest nur als sinnvolle Ergänzung des NT-Tests, keineswegs aber als Ersatz für eine invasive Diagnostik betrachtet werden. 

Leider werden diese medizinische Tatsachen auch in dem Teil der Laienpresse, welche einen seriösen Anspruch vertritt und ein Renommee zu pflegen hat, reißerisch und inhaltlich zum Teil unzutreffend dargestellt. Dabei steigt die Publiktionsdichte dieser verzerrenden Information gerade in den letzten Wochen dramatisch an.

So titelt das Schlachtschiff des aufgeklärten, kritischen Journalismus, Der Spiegel in seiner Online-Ausagbe am am 6.6. 2012: "Forscher entziffern Embryo–Genom aus Blut und Speichel der Eltern". Dabei heßt es u.a.: "Jetzt braucht es nur wenige Milliliter des Bluts einer Schwangeren, um mittels diagnostischer Analysen Erbgutschäden des ungeborenen Kindes zu ermitteln. Ein erster Test, der die Störung am Chromosom 21 nachweist, die zu einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) führt, ist in den USA bereits auf dem Markt. In Deutschland wird der "PraenaTest" voraussichtlich ab Ende Juni angeboten. Doch diese Diagnosemethode scheint nur der Vorbote zu sein für eine noch umfassendere Durchleuchtung des menschlichen Embryos. Schon jetzt lassen sich weitere Erbschäden entdecken."

und am 7.6. 2012: "Einfacher Bluttest erkennt Down-Syndrom bei Embryo". Wenngleich dieser Artikel die tatsächlichen Zusammhänge inhaltlich weitgehend korrekt wiedergibt, so stellt er sinnentfremdend das neue Testverfahren als Alternative zur Amniozentese dar: Dies ist nicht zutreffend. Der Test dient als ergänzendes Suchverfahren zum etablierten nichtinvasiven Goldstandard des kombinierten NT-Tests nach Nicolaides. Ein dringender Verdacht auf genetische Störungen, aus welchem Test auch immer hergeleitet, muß und kann nur durch ein invasives Diagnoseverfahren (Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie) gesichert werden. 

Die Süddeutsche Zeitung titelt am 8.6.12 in ihrer Online-Ausgabe: "Ethiker befürchten neue Dimension in der Selektion Ungeborener". Darin heißt es u.a.: "Ob eine Schwangere ein Kind mit Down-Syndrom in sich trägt? Ein einfacher (!!!) Bluttest, der diese Frage beantworten kann, steht in Deutschland kurz vor der Einführung. Ethiker, Ärzte und Politiker diskutieren bereits heftig über dieses kommerzielle Angebot. Manche befürchten eine neue Dimension in der Selektion Ungeborener, weil der "Praenatest" der Firma LifeCodexx womöglich bald zur Routineuntersuchung wird." (!!)

und am 15.6. 2012: "Test auf Down-Syndrom – Im Blut liegt die Wahrheit". Durch diesen wohl mit spitzer Feder redigierten Titel werden unfreiwillig Erinnerungen an ähnlich lautende, aber ganz anders gemeinte Organisationskonzepte wach, welche ebenfalls ihren Ausgang in München hatten. Zufall? Auch hier wird der PraenaTest sinnentstellend als möglicher Ersatz für eine Amniozentese dargestellt.

Beispiele einer behutsameren, mehr abwägenden Berichterstattung finden sich auch. Hierzu zählt der Artikel "Der durchleuchtete Embryo" der Frankfurter Rundschau vom 30.5. 2012

Eine umfassende Übersicht zur aktuellen Berichterstattung in der Presse findet sich auf der Homepage beim Deutschen Down-Dyndrom InfoCenter.

Im Fazit bleibt zu sagen: Weniger ist mehr. Es stünde dem kritischen Journalismus an dieser Stelle gut an, mit der komplexen Materie der neuen molekulargenetischen fetalen Test- (nicht: Diagnose-) Verfahren im mütterlichen Blut zurückhaltender umzugehen. Nur so kann man vermeiden, daß falsche Erwartungen in unserer Gesellschaft hinsichtlich der Bedeutung dieser neuen Methoden geschürt werden.

Leave a Reply