Reisen in der Schwangerschaft

by admin ~ Mai 27th, 2013. Filed under: Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Gesundheitsvorsorge, Pränatalmedizin.

In einer unlängst veröffentlichten Übersichtsarbeit von Prof. Ioannis Mylonas, München, zum Thema Reisen während der Schwangerschaft finden sich die Prinzipien dargelegt, wie die Frage der Schwangeren nach der Reisefähigkeit in der Schwangerschaft individuell beantwortet werden kann. Gundsätzlich gilt dabei:

Die Entscheidung, ob eine Schwange­re verreisen kann, ist abhängig vom Zeit­punkt der Schwangerschaft, von vorbestehenden Grunderkrankungen und der augenblicklichen gesundheitlichen Situation. Es kann aus medizinischer Sicht notwen­dig sein von einer Reise abzuraten, wenn vorhandene Risiken vorhanden sind, wie Mehrlingsschwangerschaften, Zeichen einer Früh- oder Fehlgeburt, kindliche Entwicklungsstörungen, Schwangerschaftsbluthochdruck, Schwangerschaftsdiabetes, schwere vorbestehende mütterliche Erkrankungen, ein nachgewiesenes erhöhtes Thromboserisiko oder auch Infektionsrisiken oder sonstige Risiken am Zielort der Reise (Arzneimittelresistenzen, Notwendigkeit einer vorherigen Impfung mit Lebendimpfstoff u.ä.).

Für das erste Schwangerschaftsdrittel gilt: Eine Reise scheint wahrscheinlich das Ri­siko einer Eileiterschwangerschaft oder einer Fehlgeburt nicht zu beeinflussen. Im zweiten Schwangerschaftsdrittel sind schwangerschaftsverbundene Komplika­tionen seltener als im ersten und dritten Drittel der Schwangerschaft. Daher scheint das sogenannte zweite Trimenon die beste Zeit für eine Reise zu sein. Allerdings sollten Frauen mit einem erhöhten Frühgeburtsrisiko Flugreisen vermeiden und die Verfügbarkeit der geburtshilflichen Versorgung am Reiseort klären. Dabei ist natürlich zu bedenken, dass vor allem bei Auslandsreisen eine Frühgeburt häufig nicht von der Versicherung getra­gen wird bzw. solche spezialisierten Zent­ren nicht überall verfügbar sind.

Besonderes Interesse in der Beratung gilt dabei immer wieder den Flugreisen: Wegen der Gefahr einer Frühgeburt lehnen viele Fluglinien den Transport von Schwan­geren nach der 36. SSW ab. Der niedrige Luftdruck in einer Flug­zeugkabine hat nach heutigem Wissen nur einen geringen Effekt auf den Fe­tus. Während des Fluges wird der Druck automatisch angepasst. Die Mutter und das ungeborene Kind haben zwar im Vergleich zur Erdoberfläche weniger Sauerstoff im Blut, doch der Körper passt sich sehr schnell an.

Zum Thema Strahlenbelastung und Fliegen: Die Strahlenbelastung im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung am Flugha­fen scheint nicht von Bedeutung für das ungeborene Kind zu sein. Differenzierter ist die Strahlenbelastung durch einen Langstreckenflug in großer Höhe zu betrachten. Generell gilt eine Uterus-Strahlendosis von 50 Millisievert (mSv) als die biologische Grenze, oberhalb welcher ein Fetus – besonders im ersten Schwangerschaftsdrittel, wenn die kindlichen Organe entstehen – eine Schädigung erleiden kann. Die kosmische Strahlung am Boden beträgt aufgrund der schüt­zenden Atmosphäre etwa 0,3 mSv pro Jahr. Hinzu kommt als normale Strahlenexposition am Boden die umweltbedingte Strahlenbelastung von im Durchschnitt etwa 2,2–2,35 mSv pro Jahr. In der Luft ist die kosmische Strah­lung höher. Daher sind Flugpersonal und Passagiere einer erhöhten kosmischen Strahleneinwirkung ausgesetzt: In Abhängig­keit von der Flughöhe und der geogra­phischen Breite ist innerhalb eines Flug­zeuges in 10–12 km Höhe mit einer typi­schen Dosisbelastung von 0,005 mSv pro Stunde zu rechnen. Somit wird bei einem 10­-Stunden-­Flug die Strahlenexposition auf 0,05 mSv geschätzt. Demzufolge erscheint das Risiko einer Komplikation für das ungeborene Kind aufgrund einer Strahlenbelastung während eines einzel­nen Fluges vernachlässigbar.  

 

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